Nach Definition der Mediziner Kenneth H. Cooper und Halbert Dunn basiert das Wort Wellness auf den englischen Begriffen „well-being“, „happiness“ und „fitness“, also dem Zusammenspiel von Wohlbefinden, Spaß und einer guten körperlichen Verfassung. „Es greift allerdings zu kurz, Wellness auf Dampfbad, Tai Chi und Avocado-Packungen zu reduzieren,“ meint Katharina Klump, die als Geschäftsführerin des niederrheinischen Landhotel Voshövel auf ein ganzheitliches Wellness-Konzept setzt. Um ihren Ansatz nachzuvollziehen, lohnt ein Blick zurück ...
Leben ist immer eine Frage der Balance
Als vor zirka zwei Millionen Jahren der „Homo erectus“ keine Lust mehr hatte, sich auf allen Vieren fortzubewegen, richtete er sich auf und erhob sich damit über den Rest der Natur. Die Entwicklung zum modernen Menschen lässt sich bis heute an jedem Kind in den Monaten nach der Geburt nachvollziehen und endet nicht – von Ausnahmen abgesehen – beim Laufen auf zwei Beinen. Vielmehr begab sich der Mensch im Zuge des Zivilisationsprozesses auch in das Spannungsfeld von Körper, Geist und Seele. Und dies erfordert – wie das aufrechte Gehen – ebenfalls ein gehöriges Maß an Balance. Es geht also bis heute darum, das Gleichgewicht zu finden – nicht nur im rein körperlichen Sinne, sondern auch zwischen Körper und Psyche.
Nach Einschätzung von Prof. Dr. med. Dietrich Grönemeyer hat der Großteil aller Rückenschmerzen psychosomatische Ursachen. „Die Doppeldeutigkeit des Begriffes „Haltung“ spricht für sich,“ erläutert Katharina Klump. „Die Herausforderung heißt, innere und äußere Haltung in Balance zu bringen. Wer alles richtig macht, hat weder Burnout noch Rückenbeschwerden. Und genau das ist Wohlbefinden – oder eben Wellness.“
Wie geht Wellness richtig?
Laut Klump ist Wellness immer individuell und völlig subjektiv. Deshalb gibt es keine Patentrezepte. Wellness-Hotels können nur einen Rahmen schaffen, der jedem Einzelnen ermöglicht, sein eigenes Wohlfühl-Programm zu gestalten. Dazu gehören ein freundlicher, zuvorkommender Service und eine Umgebung, in der man loslassen kann und die Raum für passive und aktive Erholung bietet. Natürlich hat eine SPA-Landschaft immer etwas Entspannendes, doch dies allein macht es nicht.
Voraussetzung für Erholung ist, Abstand vom normalen Alltag zu gewinnen. „Doch dafür muss es nicht unbedingt der Amazonas sein,“ sagt Klump. „Auch der Niederrhein ist für Städter eine andere Welt – aber ohne Klima-Umstellung und Anfahrtsstress einfach für ein Wochenende zu erreichen.“
Darüber hinaus rät Klump, die Idee „abschalten“ auf jeden Fall wörtlich zu nehmen und das Smartphone am besten zu Hause zu lassen: „Wer nach dem Saunabesuch sofort seine neuesten E-Mails und WhatsApp-Nachrichten checken muss, kann sich den ganzen Aufwand eigentlich sparen.“ Auch wer den Wellness-Tag von der Morgengymnastik über den Yoga-Kurs und die Massage bis zur Kosmetikbehandlung komplett verplant, tauscht im Grunde nur Business-Stress gegen Freizeit-Stress. „Die Kunst liegt darin, es einfach mal etwas ruhiger angehen zu lassen,“ so Klump. Eine Frage der Haltung eben.
Auch SPA ist nicht gleich SPA
Der ganzheitliche Ansatz konkretisiert sich beim Landhotel Voshövel auch in einem für Deutschland innovativen „Livingroom SPA“, das vom österreichischen Architekten Johann Thurner konzipiert wurde. Sein Ziel ist, „dem Gast mehr Erlebnis und Komfort zu bieten, als die klassische medizinisch-pflegeleichte Feuchtraum-Atmosphäre eines immer gleichen Wellness-Ambientes aus der Retorte.“ Den Livingroom-SPA nutzt der Gast mit der Selbstverständlichkeit eines Zuhauses. „Es ist wohnlich und gemütlich, aber auch kommunikativ,“ erläutert Johann Thurner. „Für Wellness-Bereiche ungewöhnliche Materialien wie zum Beispiel Holzparkett schaffen eine freundliche Atmosphäre und eine Aufenthaltsqualität wie in den eigenen vier Wänden.“ Außergewöhnlich ist auch das integrierte Kino.
Dazu hat der SPA-Bereich im Landhotel Voshövel noch eine weitere Besonderheit: „Bei uns dürfen Gäste ihre Liegen mit Handtüchern reservieren!“ so Klump. „Wir Deutschen werden dafür zwar mitunter belächelt, aber im Grunde ist dies doch ein ganz natürliches Bedürfnis: Die „eigene“ Liege bietet ein Stück Heimat in der Fremde – und trägt somit wesentlich zur Entspannung bei.“ Manchmal sind es die kleinen Details, die den Unterschied machen.
Gibt’s auch Wellness ohne Sauna?
„Aber selbstverständlich,“ sagt Klump. „Ein wie auch immer gestaltetes Wellness-Wochenende ist immer dann erfolgreich, wenn es gelingt, Körper, Geist und Seele in Balance zu bringen – und, wie das Wort schon sagt, sich hinterher einfach rundum wohlzufühlen. Naturfreunde schaffen das, wenn sie den Garten umgraben, und Motorfreaks, wenn sie mit ihrem Sportwagen über den Nürburgring donnern. Einige unserer Gäste verbringen bei uns ein Wellness-Wochenende, wenn wir das jährliche Schützenfest veranstalten. Völlig ohne SPA und Beauty. Am Ende zählt nur das Ergebnis: Man fährt entspannt nach Hause.“
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